Allerheiligen / Allerseelen / Halloween / Samhain
Warum erwähne ich Halloween, das gehört doch nicht zu unseren Bräuchen und Traditionen? Das ist doch erst in den letzten Jahren zu uns gekommen – aus Amerika?
Ja und nein: Es stimmt, Halloween mit den Kürbisfratzen, den verkleideten Kindern und dem Ruf „Süßes oder Saures“ ist bei uns erst vor ca. 20 Jahren bekannt geworden – vor allem durch Filme aus den USA. Aber dennoch ist es kein uramerikanischer Brauch.
Betrachten wir doch mal das Wort Halloween. Früher hat man es anders geschrieben, nämlich „Hallowe´en“. Das ist eine schlampige Aussprache von „All Hallows Evening“ – und bedeutet direkt übersetzt: „Allerheiligenabend“.
Und natürlich ist das kein Zufall: Halloween und Allerheiligen sind im Grunde das gleiche Fest. Nach Amerika kam Halloween im 20. Jahrhundert – und zwar aus dem katholischen Irland, wo Allerheiligen natürlich gefeiert wurde und wird. Hallowe´en ist die Nacht zwischen dem 31. Oktober und dem 1. November.
Und auch das ist kein Zufall: In der keltischen Tradition gab es in dieser Zeit bereits ein Fest: Samhain. Die Zusammenhänge ergeben sich – wie so oft – aus der Übernahme der keltischen Feste durch die Christianisierung. Alte Feiertage wurden weiterhin gefeiert, jedoch mit christlichen Inhalten belegt. Die Traditionen blieben aber erhalten.
Allerheiligen und Allerseelen
Schon früh wurden die Anhänger des Christentums verfolgt und oft sogar getötet. Sie wurden als Märtyrer betrachtet und als Heilige verehrt. Allerheiligen ist ein Fest der Kirche, an dem an alle Heiligen gedacht wird. Später kam ein zweiter Gedenktag dazu: Allerseelen – ein Fest, das eigentlich noch mehr dem heidnischen Samhain entspricht. Denn an diesem Tag – dem 2 . November – wird aller Verstorbenen gedacht.
Samhain und die Anderswelt
Die keltischen Jahreskreisfeste wurden ursprünglich nicht nach dem Sonnenkalender (also immer dem gleichen Datum) gefeiert, sondern nach dem Mondkalender: Samhain war der elfte Neumond des Jahres. Alle anderen Mondfeste (Imbolc, Beltane und Lammas) waren Vollmondfeste. Alleine das weist schon auf das Besondere und Dunkle an Samhain hin – es wird auch als „Dunkelheitsfest“ bezeichnet. Mit Samhain begann die kurze Herrschaft der Unterwelt – bis an Yule – der Wintersonnenwende – das Licht wieder geboren wurde.
An allen keltischen Hochfesten werden die Grenzen der Welten durchlässiger – stehen die Pforten der Anderswelt weit offen. Was soll die Anderswelt eigentlich sein? Die Anderswelt ist die Welt der Naturgeister, der Elfen, Feen, Zwerge, Trolle und Kobolde…. aber auch die Welt der Verstorben und der Ahnen.
Wie Allerheiligen und Allerseelen war auch Samhain dem Gedenken der Verstorbenen und der Ahnen gewidmet. In allen alten Kulturen hatte die Verbindung mit den Ahnen einen ganz besonderen Stellenwert und wurde als große Kraftquelle empfunden. Die Ahnen wurden um Rat und Beistand gebeten, verehrt und geachtet. Zu Samhain / Allerseelen war es sogar Brauch, den Verstorbenen eine Mahlzeit am Tisch bereitzustellen.
Die spirituelle Bedeutung der Totenfeste
Samhain steht als dunkler Pol des Jahres dem hellen Pol – Beltane – gegenüber.
Es ist nun eine Zeit, in der die Natur – vorübergehend – vom Leben Abschied nimmt. Wenn wir uns im Einklang mit der Natur befinden, tut es uns in dieser Zeit besonders gut, dem Impuls der Natur zu folgen und uns mit den Themen Abschied, Loslassen, Tod – aber auch mit der Hoffnung zu beschäften.
Das mag für dich jetzt etwas düster klingen. Aber es geht ja nicht darum, angesichts von Dunkelheit und Trauer zu verzweifeln, sondern den Abschied und die Stille willkommen zu heißen.
Natürlich ist in dieser Zeit Traurigkeit gegenwärtig, doch indem wir uns dem spirituellen Aspekt zuwenden, können wir die Trauer mildern. Wir erinnern uns an unsere Verstorbenen und Vorfahren. Wir fühlen die Dankbarkeit für die gemeinsame Zeit. Wir erleben Verbundenheit mit unseren Wurzeln. Wir begegnen den Verstorbenen und lernen von ihnen etwas über unsere eigene Endlichkeit und darüber wie wichtig es ist, dem Leben Sinn zu verleihen.
Bei Samhain geht es bei genauerem Betrachten nicht nur um den Tod sondern vielmehr um die Aufforderung, sich mutig in das Dunkle – auch der eigenen Seele – zu begeben, den Blick nach innen zu wenden, die Stille zu umarmen und schließlich das Licht in sich selbst zu finden. Diese Tage sind die beste Gelegenheit, sich selbst zu finden.
Für die Kelten war Samhain das Neujahrsfest. Mit dem „Sterben“ in der Natur beginnt ein neuer Zyklus. Die Kelten pflegten den Brauch, nach Samhain keine Kräuter mehr zu ernten, da diese nun den „Unterirdischen“ gehörten.
Quelle: Valtentin Kirschgruber, Von Sonnwend bis Rauhnacht, Kailash Verlag München, 2015, 1.Auflage
Räucherpflanzen für diese besondere Zeit
Wie bereits erwähnt, sind die Schleier in dieser Zeit besonders dünn, und was wäre für eine Räucherung besser geeignet als „Schwellenkräuter“ und „Raumöffner“ – allerdings brauchen wir auch besonderen Schutz, wenn sozusagen „alle Türen offen sind“ …
- Beifuß: ist eine der wichtigsten Schutz-, Heil- und Ritualpflanzen auf der Nordhalbkugel der Erde. Als so genanntes „Schwellenkraut“ begleitet Beifuß Übergangsrituale aller Art. Bei einer Räucherung öffnet und schützt Beifuß den heiligen Raum – ebenso wie Weihrauch.
- Engelwurz: Als eine der stärksten magischen Schutzpflanzen Europas ist die Engelwurz die Pflanze des Lichts. Sie verbindet schon im Namen das Oben (Engel) mit dem Unten (Wurz). So vermag sich uns das Gefühl der Verbindung nach oben in den Himmel und nach unten zu unseren Wurzeln zu stärken. Reinigung und Klärung enthält Engelwurz und Weihrauch
- Wacholder: „Vor dem Holunder sollst du den Hut ziehen und vor dem Wacholder die Knie beugen“. Kennst du dieses Sprichwort? Es drückt die Ehrfurcht aus, die unsere Vorfahren vor diesen beiden Pflanzenwesen hatten – beide galten als Ort der Ahnen. Wacholder stärkt uns und schützt den Heiligen Raum. Der Überlieferung nach besitzt er magische Kräfte. In unseren Breiten wurde dem Wacholder – ähnlich wie dem Weihrauch im Osten – große spirituelle Kraft zugesprochen. Almen-Rauch enthält Wacholder und Weihrauch.
Räucherempfehlungen für Samhain
Ob du die sanften Räucherdüfte auf dem Stövchen bevorzugst oder du lieber kräftig mit glühender Kohle und ordentlich Rauch eine Ritualräucherung durchführen möchtest, ist deinem Empfinden überlassen. Spüre intuitiv, was dir gut tut. Für mich ist immer wichtig, meine Gedanken darauf zu fokussieren, was ich bewirken möchte.
Was ich persönlich als besonders schön empfinde, ist gerade zu Samhain eine Weihrauchträne oder ein Stückchen Rosenweihrauch auf den heißen Deckel einer Grabkerze zu legen. Durch die Hitze schmilzt das Harz und ein wunderbarer Duft verbindet dich mit deinen Lieben im Himmel …